LIANA AXINTE auf Erkundung der eigenen Imagination
PRÄMISSE
Als die Keramik die Bildhauerin Liana Axinte ansprach, die bislang tradierte Werkstoffe im Dienst einer anthropozentrisch orientierten Figuration verwendet hatte, so offenbarten sich der Künstlerin die plastischen Valenze des Materials samt deren elementaren Konnotationen. Es entstand bald eine fruchtbare, quasi auf gegenseitige Affinität beruhende Zusammenarbeit zwischen Künstler und Werkstoff.
Der Maler Wu Tao Tsu lebte in der Tangzeit, etwa um 700. Er wurde bereits zu
Lebzeiten hoch geschätzt und gilt als der Begründer der chinesischen Malerei.
Als achtzigjähriger Greis malte er sein letztes Meisterwerk. Als er damit fertig war,
kam der Kaiser mit dem gesamten Hofstaat, um es zu sehen. Wu Tao Tsu zog den
Vorhang weg, mit dem er das Gemälde verhüllt hatte – und alle im Raum wurden still,
ja keiner wagte zu atmen: so etwas Gewaltiges hatte man noch nie gesehen: eine
Landschaft mit schneebedeckten Bergen, Wäldern, tiefen Schluchten und Wasserfällen
lag vor ihnen. Da klatschte Wu in die Hände und ging auf das Bild zu, schritt in
das Bild hinein auf einen Felsenpfad. Er stieg diesen Pfad immer weiter hinauf, wurde immer kleiner.
Schließlich sahen alle, wie er bei einer Höhle ankam – er trat ins innere dieser
Höhle und diese verschloss sich hinter ihm. In diesem Augenblick verschwand das ganze Bild, und der Kaiser blickte auf eine weiße Wand.
Liana Axinte sagte mir: "Das was ich mache, bin ich..."
Grenzen zwischen Welt und der Welt der Kunst werden bedeutungslos – Kunst und Leben werden eins...
Sie modelliert jedoch nicht im strengen Sinn, vielmehr baut sie ihre Skulpturen aus Tonplatten auf,
die sie formt, biegt, schneidet und zusammensetzt. Eine Thechnik wie sie seit Urzeiten für die Herstellung von großen Gefäßen verwendet wird.
Und die Skulpturen sind im Grunde alle Gefäße – nur ist die „Wandung“ selten durchgängig
konvex, vielmehr wechseln konvexe und konkave Elemente einander ab, durchdringen sich, bauen auf einander auf. „Jede Skulptur ist eine Form in Bewegung“,
wie der rumänische Bildhauer Constantin Brancusi sagt. „Rasche Bewegung“, wie Liana Axinte auf ihre Einladungskarte geschrieben hat...
Es gibt kein eindeutiges Vorne und Hinten, man muss sich bewegen, man muss um die Figuren herumgehen und wird immer neue überraschende Ansichten entdecken...
Liana Axinte bemalt die fertigen Tonformen sowohl innen wie außen mit farbigen Glasuren.
Sie arbeitet dabei in Schichten, die nach dem Brennen, bedingt durch die Transparenz der Glasur, aufscheinen..(da taucht ein Gesicht aus dem Dickicht
von Flecken und Linien auf, dort eine Vogelgestalt..) Meines Erachtens sind hier Farbe und plastische Form gleichberechtigt verwendet.
Sie sind aber nicht voneinander abgegrenzt, vielmehr durchdringen sich Malerei und Skulptur auf vielfältige Weise. Jeder für sich ist eigenständig
und doch durch den anderen bedingt...
...ein Sockel hat die Aufgabe, die eigentliche Skulptur vom Boden abzuheben... Die Künstlerin beschränkt sich beim Sockel nicht auf einfache
architektonische Formgebung: sondern führt sie selbst als nahezu eigenständige skulpturale Gebilde aus, die zur Skulptur hinführen, es sozusagen vorbereiten.
Der Sockel kann dabei sowohl in der Skulptur verwandten Formen aber auch kontrapunktisch gestaltet sein...
Raum und Körper sind Bestandteil der realen welt, sie sind dreidimensional, damit messbar,fassbar – ein Bild, die Fläche besitzt nur zwei Dimensionen, somit verkörpart sie die Idealität, eine Utopie.
Liana Axinte hat – so scheint es mir – mit ihren farbigen Skulpturen, in dene sie Raum und Fläche gleichermaßen gestaltet, ebenfalls eine Verbindung, einen Weg zwischen den Welten
des Hier und das Dort gefunden. Im Wechsel von Farben und Form, Innen und Außen, Oben und Unten, mit Schiffen, Pferden und Vögeln überwindet sie mühelps die Grenzen, den Abgrund
zwischen Realität und Traum, zwischen Materiellem und Immateriellem, zwischen Leben und Tod.
"Der Mensch ist wirklich lebendig, wenn er das Unmögliche für möglich hält. Das ist die Kraft der Menschlichkeit!"(A. Calderara)
/ Zu den keramischen Skulpturen von Liana Axinte
Gaby Wagner Rede zur Vernissage der Liana Axinte im Museum Hengersberg
Juni 2013
Zum künstlerischen Selbstverständnis von Liana Axinte gehört
es, sich nicht eindeutig einordnen zu lassen, und zwar weder
technisch noch inhaltlich. Von der Bildhauerei herkommend hat sie
längst ihre Arbeit auf Malerei, Keramik, Teppichdesign,
Kunstfilm, Fotografie usw. ausgeweitet. Die Ausstellung im
Deggendorfer Kapuzinerstadl ist eine willkommene Gelegenheit, sich
von der Vielfältigkeit der bislang der Öffentlichkeit
gegenüber eher zurückhaltenden Künstlerin ein Bild zu
machen. Dass sie auch keine Scheu vor großen Formaten hat,
zeigen die raumbezogenen und greifenden Arbeiten, die sich u. a. in
Banken der Umgebung befinden.
Gerade die Wandmalerei in der Sparkasse Deggendorf, die die Künstlerin
selbst als ihre bislang wichtigste Arbeit sieht, steht exemplarisch
für die Komplexität ihrer Arbeit. Mit diesem Werk ist es
Liana Axinte gelungen, mehrere Ebenen für den Betrachter zu
schaffen, ihn gewissermaßen auf Entdeckungsreise zu schicken.
Betritt man den Raum, taucht man zunächst ein in eine scheinbar
abstrakte Malerei, bestimmt von Blau- und Grüntönen, die
sich mit den verschiedenen Lichtverhältnissen stark verändern.
Nach und nach tauchen Figuren und Architekturen auf, die wiederum von
einem übergeordneten Ganzen umfasst werden. Im Zentrum steht der
Mensch und der Ort, an dem er sich befindet und der ihn mitbestimmt.
Schwellenzustände des Menschseins möchte Liana Axinte
vermitteln. Übergänge, die sich nicht konkret beschreiben
lassen. So entstand eine Arbeit voll Poesie, die nach allen Seiten
offen ist und sich sowohl als Ganzes wie Im Detail lesen lässt.
Gleichzeitig behält sie eine gewisse Leichtigkeit, etwas
Schwebendes, was sich wiederum auch in anderen Malereien der
Künstlerin wiederfindet.
/ Michaela Dambeck, Kunstkritikerin –
Ambulante Galerie – Passau, 2001
...Rückblickend habe ich die totale Künstlerin in Liana Axinte entdeckt; sie
bewegt sich mit Leichtigkeit innerhalb der verschiedensten Arten der
bildenden Künste von Monumental bis zum Innenraum-Objekt.
Ihre Werke wirken wie aus den urigen Quellen herstammend, der Alltag und
das Heilige fallen zusammen; in der Beziehung zum Raum entdecken wir
die Harmonie der natürlichen Verhältnisse, mit der
aufsteigenden Richtung zu der höchsten universellen Ordnung.
...Die Kunstwerke von Liana Axinte sind Dokumente der hintereinander
gestellten Verwandlungen der Bewegungsströme und die Themen, die
Kontrollmittel über das was sie schafft.
Auf den ersten Blick scheint die Malerei flüssig, zart mit einer
betont inneren Dynamik. Sie vermittelt aber eine fast männliche
Kraft von Linie, von Form, eine Kraft die mit einer leichten Geste
auf die ganze Ebene hingezaubert ist.
...Unabhängig von Technik gibt es in den Werken von Liana Axinte einen bestimmten
Ernst, das Gefühl, das sie die Tore sind, zu dem was mit dem
geistigen Auge erfasst werden kann.
/ Maria Crisan, Kunstkritikerin –
Bukarest/Rumänien – Text aus dem Film: „Deutsche Reise mit
Liana Axinte“ Rumänische TV – ARTE Sendung 1998
Liana Axintes Skulptur übermittelt eine innere Unruhe, eine
existentielle Angst. Diese wird durch eine rastlose Bewegung
ausgedrückt, innerhalb der Form des gewaltsamen Drucks, die sie
auslöst
Diese Skulpturen, die sowohl an die figurative als auch and die abstrakte
Kunst grenzt, deutet auf menschliche Formen hin, ohne jedoch
identifizierende Elemente zu zeigen.
Aber sie sind immer von einem menschlichen Gefühl bewohnt, das denen
darauf einen Sinn verleiht.
/ Gabriela Carp, Kunstkritikerin, München/BRD 1986
Man könnte sagen, dass Liana Axinte keinen eigentlichen Anfang in
ihrem künstlerischen Schaffen gehabt hat. Sie hat einfach die
Kunst durchbrochen.
Liana Axinte betrachtet die Welt und handelt mit ihr wie mit ihrer eigenen
Darstellung: zugewandt der Innenwelt jedoch von der Gabe bewohnt sich
der Außenwelt zuzuwenden.
Sie gehört zu der Künstlerart, die die tiefe Forschung des
Bewusstseins die Begeisterung nicht blockiert. Die im Konzept
gefasste Sinnlichkeit, das gefühlvolle Ideal befindet sich mit
einer totalen Ausdrucksstärke in der Entfaltung eines lyrischen
Epos. (Siehe die großen Malereien!)
Übersehen wir die Überdimensionalität, so sind die künstlerischen
Werke von Liana Axinte mit innerer Größe ausgerüstet;
sie erhalten eine der Urform entsprechende Identität edler
Vor-Metaphysik – könnten wir behaupten.
Ähnlich der beiden Janus-Gesichter, die gleichzeitig Lachen und Weinen, wenn
auch nicht am gleichen Ort, erscheinen das Abstrakte und die Figur
nicht im Widerspruch, sondern in enger Verbindung.
Die Kunstwerke von Liana Axinte rutschen aus der Urzeit der Kunst in
Vordergrund; der Beginn und der Schluss, das Gesehene und das
Verborgene, die Vorgeschichte und die Nachgeschichte wenden sich
zueinander in einem nachholenden Werden.
/ Octavian Barbosa –
Kunstkritiker und Dichter - „11.07.2001 – FAX aus Bukarest an
Liana Axinte, Bukarest/Rumänien“
"Meine Werke haben die Kontinuität einer Schrift; sie müssen wie
eine Schrift, die sich vom Zuschauer bis zur Unendlichkeit entfaltet,
gelesen werden. Bei dieser Lesung hilft das Licht, mit dessen Hilfe
die Dinge sich in ihrer inneren Bewegung verdeutlichen, und das Bild
erhält die Multidimensionalität, die allerdings von den
Neuen Medien schon benützt wird – die Kybernetik."
/ Liana Axinte
Die Figur, sagten die Ahnen, die Figur ist die stumme Sprache, der Seele
– die Bildhauerin nimmt an dem Urteil der Weltgeschichte teil, auf
eine Weise wird sie zum Schöpfer der Gerechtigkeit“.
/ Michael
Drischcku - „Ein bildhauerisches Essay über Weisheit und die
Komödie“ 1979 Bukarest/Rumänien
Eine Art Anthropocosmos zusammenzuschließen und zu klären ist
das Konzept von Liana Axinte.
Indem sie einen neuen Weg, Kunst anzuschauen, zu eröffnen versucht,
wandelt sie unbemerkt die Kunst von Malerei zum Objekt, vom Objekt
zur Installation.
Innovation ist ihre Kunst, in der die Bilder kynetisch wirken, ohne dass sie
sich technisch vorrangig zeigt oder theoretisiert.
Sie vereint Welten, die zwischen dem, was man aus der Kunst über
Kunst kennt und kennen kann, und dem Bild der WELTKULTUR von HEUTE,
stehen. Für diese Freiheit, nicht in einem Standardbild
eingereiht zu werden, plädiert sie mit ihrer Kunst.
Da, wo die Kultur von Bildern überfüllt ist, braucht sie ein
Environment, etwas Statisches, etwas Anschauliches, eine Summe von
mehreren oder überhaupt von Haupteindrücken, die nicht in
einer für alle Male Bildstruktur eingeordnet sind – eine
Bühne...
...das Theater des Lebens wird die Bühne für allgemeine neue
Kunst, sie wird angezeigt und wird nicht ohne einen Namen verloren
gehen.
Die Installationen fallen aus den Bildern heraus.
/ Johann Lothar Müller,
Kunstkritiker - „Die Kunst kommt von Kunst“ - Frankfurt am Main
28.06.2001
...und dies, weil Liana Axintes Gestalten – nicht im Entferntesten zart
oder lieblich, oder reizend oder einfach schön – erweisen,
dass sie entworfen und geschaffen worden sind mit dem seltensten Sinn
des Greuels und der Erbarmungslosigkeit, mit einem heißen und
mitleidslosen Realismus...
...Es gibt künstlerische Stile, die sich auf mannig faltige
Fachgebiete festlegen: lebhaft, streng, kritisch, mildherzig und so
weiter. Man kann aber auch eine sogenannte totale Kunst schaffen. Sie
umfasst gleichzeitig die Gutmütigkeit und Eiterung, ist simultan
ironisch und voller Gnade, glänzend intelligent und
unbeschreiblich zahm; robust wie Balzac und Rodin, edel wie
Baudelaire und Klee, berühmt wie Dickens, entsetzlich wie Dante
und Dostojewski, nicht weniger spielerisch als eine Farce, eine
Maskerade. Sie war wahrscheinlich Hugo von Hofmannsthals Wegweiser
für „Jedermann“, mittelalterliches Mysterium von einem
modernen Geist gedacht, ein langlebiges Psychodrama in Epochengewand.
Zu ihm haben mich die ulkigen und unbändigen Träume meines
Geistes geführt, während ich Liana Axintes Ausstellung
verließ.
/ N. Steinhardt, Schriftsteller und Philosoph - „In
Erster Person Kritik“, Rumänien 1983