LIANA AXINTE auf Erkundung der eigenen Imagination

PRÄMISSE Als die Keramik die Bildhauerin Liana Axinte ansprach, die bislang tradierte Werkstoffe im Dienst einer anthropozentrisch orientierten Figuration verwendet hatte, so offenbarten sich der Künstlerin die plastischen Valenze des Materials samt deren elementaren Konnotationen. Es entstand bald eine fruchtbare, quasi auf gegenseitige Affinität beruhende Zusammenarbeit zwischen Künstler und Werkstoff.


Wenngleich auch diese Wahl nicht ultimativ ist, da Axinte’s nach Form suchende Tentakeln zur Unrast bestimmt bleiben, hat diese Erfahrung ihren kreativen Geist angespornt. Die spezifische Formbarkeit des Materials begünstigt die Morphogenese; Axinte hat diese Chance wahrgenommen. Daraus sind die vorliegenden Arbeiten entstanden. In ihrer Ausdrucksstärke kommen konkurrierende Momente simultan zum Tragen: optische, räumliche, haptische, semiologische, allegorische. Sie fließen ineinander - ihre Dynamik wird als Vitalität empfunden.

UND LIANA AXINTE?

Die Hand lässt so gut wie graphologisch verwertbare Spuren zurück, eine unterschwellige Selbstdarstellung des Künstlers. Axintes Gestaltungsstrategie fußt dabei auf der genuinen Beschaffenheit der Tonmasse. Sie verdeutlicht seine urwüchsige Natur und verhilft sozusagen den chthonischen Spuk zur Äußerung. Etliche Bildfindungen erinnern an die volkstümliche Ikonografie, nämlich an ihre überlieferte Motivik, voller kosmischer Andeutungen und stilistischen Skurrilitäten. Vor diesem Hintergrund lassen sich Axintes Plastiken anschauen. Das Quiproquo hat Methode, es setzt ein Gefühl von existentieller Fülle in Szene, durch überspitzten Humor vom Pathos befreit.

Der Witz dieser Mehrdeutigkeit, welche die Grenzen zwischen den Gattungen der Realien und somit deren hierarchische Anordnung spielerisch durcheinanderbringt, schlägt in Axintes Arbeiten durch, wie in einem verfänglichen Theatrum mundi.
/ ANCA ARGHIR, Kunstkritikerin, Neuss 2013

Der Maler Wu Tao Tsu lebte in der Tangzeit, etwa um 700. Er wurde bereits zu Lebzeiten hoch geschätzt und gilt als der Begründer der chinesischen Malerei. Als achtzigjähriger Greis malte er sein letztes Meisterwerk. Als er damit fertig war, kam der Kaiser mit dem gesamten Hofstaat, um es zu sehen. Wu Tao Tsu zog den Vorhang weg, mit dem er das Gemälde verhüllt hatte – und alle im Raum wurden still, ja keiner wagte zu atmen: so etwas Gewaltiges hatte man noch nie gesehen: eine Landschaft mit schneebedeckten Bergen, Wäldern, tiefen Schluchten und Wasserfällen lag vor ihnen. Da klatschte Wu in die Hände und ging auf das Bild zu, schritt in das Bild hinein auf einen Felsenpfad. Er stieg diesen Pfad immer weiter hinauf, wurde immer kleiner. Schließlich sahen alle, wie er bei einer Höhle ankam – er trat ins innere dieser Höhle und diese verschloss sich hinter ihm. In diesem Augenblick verschwand das ganze Bild, und der Kaiser blickte auf eine weiße Wand.

Liana Axinte sagte mir: "Das was ich mache, bin ich..."

Grenzen zwischen Welt und der Welt der Kunst werden bedeutungslos – Kunst und Leben werden eins...
Sie modelliert jedoch nicht im strengen Sinn, vielmehr baut sie ihre Skulpturen aus Tonplatten auf, die sie formt, biegt, schneidet und zusammensetzt. Eine Thechnik wie sie seit Urzeiten für die Herstellung von großen Gefäßen verwendet wird.
Und die Skulpturen sind im Grunde alle Gefäße – nur ist die „Wandung“ selten durchgängig konvex, vielmehr wechseln konvexe und konkave Elemente einander ab, durchdringen sich, bauen auf einander auf. „Jede Skulptur ist eine Form in Bewegung“, wie der rumänische Bildhauer Constantin Brancusi sagt. „Rasche Bewegung“, wie Liana Axinte auf ihre Einladungskarte geschrieben hat...
Es gibt kein eindeutiges Vorne und Hinten, man muss sich bewegen, man muss um die Figuren herumgehen und wird immer neue überraschende Ansichten entdecken...
Liana Axinte bemalt die fertigen Tonformen sowohl innen wie außen mit farbigen Glasuren. Sie arbeitet dabei in Schichten, die nach dem Brennen, bedingt durch die Transparenz der Glasur, aufscheinen..(da taucht ein Gesicht aus dem Dickicht von Flecken und Linien auf, dort eine Vogelgestalt..) Meines Erachtens sind hier Farbe und plastische Form gleichberechtigt verwendet. Sie sind aber nicht voneinander abgegrenzt, vielmehr durchdringen sich Malerei und Skulptur auf vielfältige Weise. Jeder für sich ist eigenständig und doch durch den anderen bedingt...
...ein Sockel hat die Aufgabe, die eigentliche Skulptur vom Boden abzuheben... Die Künstlerin beschränkt sich beim Sockel nicht auf einfache architektonische Formgebung: sondern führt sie selbst als nahezu eigenständige skulpturale Gebilde aus, die zur Skulptur hinführen, es sozusagen vorbereiten.
Der Sockel kann dabei sowohl in der Skulptur verwandten Formen aber auch kontrapunktisch gestaltet sein...
Raum und Körper sind Bestandteil der realen welt, sie sind dreidimensional, damit messbar,fassbar – ein Bild, die Fläche besitzt nur zwei Dimensionen, somit verkörpart sie die Idealität, eine Utopie.
Liana Axinte hat – so scheint es mir – mit ihren farbigen Skulpturen, in dene sie Raum und Fläche gleichermaßen gestaltet, ebenfalls eine Verbindung, einen Weg zwischen den Welten des Hier und das Dort gefunden. Im Wechsel von Farben und Form, Innen und Außen, Oben und Unten, mit Schiffen, Pferden und Vögeln überwindet sie mühelps die Grenzen, den Abgrund zwischen Realität und Traum, zwischen Materiellem und Immateriellem, zwischen Leben und Tod.

"Der Mensch ist wirklich lebendig, wenn er das Unmögliche für möglich hält. Das ist die Kraft der Menschlichkeit!"(A. Calderara)
/ Zu den keramischen Skulpturen von Liana Axinte Gaby Wagner Rede zur Vernissage der Liana Axinte im Museum Hengersberg Juni 2013

Zum künstlerischen Selbstverständnis von Liana Axinte gehört es, sich nicht eindeutig einordnen zu lassen, und zwar weder technisch noch inhaltlich. Von der Bildhauerei herkommend hat sie längst ihre Arbeit auf Malerei, Keramik, Teppichdesign, Kunstfilm, Fotografie usw. ausgeweitet. Die Ausstellung im Deggendorfer Kapuzinerstadl ist eine willkommene Gelegenheit, sich von der Vielfältigkeit der bislang der Öffentlichkeit gegenüber eher zurückhaltenden Künstlerin ein Bild zu machen. Dass sie auch keine Scheu vor großen Formaten hat, zeigen die raumbezogenen und greifenden Arbeiten, die sich u. a. in Banken der Umgebung befinden.
Gerade die Wandmalerei in der Sparkasse Deggendorf, die die Künstlerin selbst als ihre bislang wichtigste Arbeit sieht, steht exemplarisch für die Komplexität ihrer Arbeit. Mit diesem Werk ist es Liana Axinte gelungen, mehrere Ebenen für den Betrachter zu schaffen, ihn gewissermaßen auf Entdeckungsreise zu schicken.
Betritt man den Raum, taucht man zunächst ein in eine scheinbar abstrakte Malerei, bestimmt von Blau- und Grüntönen, die sich mit den verschiedenen Lichtverhältnissen stark verändern. Nach und nach tauchen Figuren und Architekturen auf, die wiederum von einem übergeordneten Ganzen umfasst werden. Im Zentrum steht der Mensch und der Ort, an dem er sich befindet und der ihn mitbestimmt. Schwellenzustände des Menschseins möchte Liana Axinte vermitteln. Übergänge, die sich nicht konkret beschreiben lassen. So entstand eine Arbeit voll Poesie, die nach allen Seiten offen ist und sich sowohl als Ganzes wie Im Detail lesen lässt. Gleichzeitig behält sie eine gewisse Leichtigkeit, etwas Schwebendes, was sich wiederum auch in anderen Malereien der Künstlerin wiederfindet.
/ Michaela Dambeck, Kunstkritikerin – Ambulante Galerie – Passau, 2001

...Rückblickend habe ich die totale Künstlerin in Liana Axinte entdeckt; sie bewegt sich mit Leichtigkeit innerhalb der verschiedensten Arten der bildenden Künste von Monumental bis zum Innenraum-Objekt.
Ihre Werke wirken wie aus den urigen Quellen herstammend, der Alltag und das Heilige fallen zusammen; in der Beziehung zum Raum entdecken wir die Harmonie der natürlichen Verhältnisse, mit der aufsteigenden Richtung zu der höchsten universellen Ordnung.
...Die Kunstwerke von Liana Axinte sind Dokumente der hintereinander gestellten Verwandlungen der Bewegungsströme und die Themen, die Kontrollmittel über das was sie schafft.
Auf den ersten Blick scheint die Malerei flüssig, zart mit einer betont inneren Dynamik. Sie vermittelt aber eine fast männliche Kraft von Linie, von Form, eine Kraft die mit einer leichten Geste auf die ganze Ebene hingezaubert ist.
...Unabhängig von Technik gibt es in den Werken von Liana Axinte einen bestimmten Ernst, das Gefühl, das sie die Tore sind, zu dem was mit dem geistigen Auge erfasst werden kann.
/ Maria Crisan, Kunstkritikerin – Bukarest/Rumänien – Text aus dem Film: „Deutsche Reise mit Liana Axinte“ Rumänische TV – ARTE Sendung 1998

Liana Axintes Skulptur übermittelt eine innere Unruhe, eine existentielle Angst. Diese wird durch eine rastlose Bewegung ausgedrückt, innerhalb der Form des gewaltsamen Drucks, die sie auslöst
Diese Skulpturen, die sowohl an die figurative als auch and die abstrakte Kunst grenzt, deutet auf menschliche Formen hin, ohne jedoch identifizierende Elemente zu zeigen.
Aber sie sind immer von einem menschlichen Gefühl bewohnt, das denen darauf einen Sinn verleiht.
/ Gabriela Carp, Kunstkritikerin, München/BRD 1986

Man könnte sagen, dass Liana Axinte keinen eigentlichen Anfang in ihrem künstlerischen Schaffen gehabt hat. Sie hat einfach die Kunst durchbrochen.
Liana Axinte betrachtet die Welt und handelt mit ihr wie mit ihrer eigenen Darstellung: zugewandt der Innenwelt jedoch von der Gabe bewohnt sich der Außenwelt zuzuwenden.
Sie gehört zu der Künstlerart, die die tiefe Forschung des Bewusstseins die Begeisterung nicht blockiert. Die im Konzept gefasste Sinnlichkeit, das gefühlvolle Ideal befindet sich mit einer totalen Ausdrucksstärke in der Entfaltung eines lyrischen Epos. (Siehe die großen Malereien!)
Übersehen wir die Überdimensionalität, so sind die künstlerischen Werke von Liana Axinte mit innerer Größe ausgerüstet; sie erhalten eine der Urform entsprechende Identität edler Vor-Metaphysik – könnten wir behaupten.
Ähnlich der beiden Janus-Gesichter, die gleichzeitig Lachen und Weinen, wenn auch nicht am gleichen Ort, erscheinen das Abstrakte und die Figur nicht im Widerspruch, sondern in enger Verbindung.
Die Kunstwerke von Liana Axinte rutschen aus der Urzeit der Kunst in Vordergrund; der Beginn und der Schluss, das Gesehene und das Verborgene, die Vorgeschichte und die Nachgeschichte wenden sich zueinander in einem nachholenden Werden.
/ Octavian Barbosa – Kunstkritiker und Dichter - „11.07.2001 – FAX aus Bukarest an Liana Axinte, Bukarest/Rumänien“

"Meine Werke haben die Kontinuität einer Schrift; sie müssen wie eine Schrift, die sich vom Zuschauer bis zur Unendlichkeit entfaltet, gelesen werden. Bei dieser Lesung hilft das Licht, mit dessen Hilfe die Dinge sich in ihrer inneren Bewegung verdeutlichen, und das Bild erhält die Multidimensionalität, die allerdings von den Neuen Medien schon benützt wird – die Kybernetik."
/ Liana Axinte

Die Figur, sagten die Ahnen, die Figur ist die stumme Sprache, der Seele – die Bildhauerin nimmt an dem Urteil der Weltgeschichte teil, auf eine Weise wird sie zum Schöpfer der Gerechtigkeit“.
/ Michael Drischcku - „Ein bildhauerisches Essay über Weisheit und die Komödie“ 1979 Bukarest/Rumänien

Eine Art Anthropocosmos zusammenzuschließen und zu klären ist das Konzept von Liana Axinte.
Indem sie einen neuen Weg, Kunst anzuschauen, zu eröffnen versucht, wandelt sie unbemerkt die Kunst von Malerei zum Objekt, vom Objekt zur Installation.
Innovation ist ihre Kunst, in der die Bilder kynetisch wirken, ohne dass sie sich technisch vorrangig zeigt oder theoretisiert.
Sie vereint Welten, die zwischen dem, was man aus der Kunst über Kunst kennt und kennen kann, und dem Bild der WELTKULTUR von HEUTE, stehen. Für diese Freiheit, nicht in einem Standardbild eingereiht zu werden, plädiert sie mit ihrer Kunst.
Da, wo die Kultur von Bildern überfüllt ist, braucht sie ein Environment, etwas Statisches, etwas Anschauliches, eine Summe von mehreren oder überhaupt von Haupteindrücken, die nicht in einer für alle Male Bildstruktur eingeordnet sind – eine Bühne...
...das Theater des Lebens wird die Bühne für allgemeine neue Kunst, sie wird angezeigt und wird nicht ohne einen Namen verloren gehen.
Die Installationen fallen aus den Bildern heraus.
/ Johann Lothar Müller, Kunstkritiker - „Die Kunst kommt von Kunst“ - Frankfurt am Main 28.06.2001

...und dies, weil Liana Axintes Gestalten – nicht im Entferntesten zart oder lieblich, oder reizend oder einfach schön – erweisen, dass sie entworfen und geschaffen worden sind mit dem seltensten Sinn des Greuels und der Erbarmungslosigkeit, mit einem heißen und mitleidslosen Realismus...
...Es gibt künstlerische Stile, die sich auf mannig faltige Fachgebiete festlegen: lebhaft, streng, kritisch, mildherzig und so weiter. Man kann aber auch eine sogenannte totale Kunst schaffen. Sie umfasst gleichzeitig die Gutmütigkeit und Eiterung, ist simultan ironisch und voller Gnade, glänzend intelligent und unbeschreiblich zahm; robust wie Balzac und Rodin, edel wie Baudelaire und Klee, berühmt wie Dickens, entsetzlich wie Dante und Dostojewski, nicht weniger spielerisch als eine Farce, eine Maskerade. Sie war wahrscheinlich Hugo von Hofmannsthals Wegweiser für „Jedermann“, mittelalterliches Mysterium von einem modernen Geist gedacht, ein langlebiges Psychodrama in Epochengewand.
Zu ihm haben mich die ulkigen und unbändigen Träume meines Geistes geführt, während ich Liana Axintes Ausstellung verließ.
/ N. Steinhardt, Schriftsteller und Philosoph - „In Erster Person Kritik“, Rumänien 1983

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